Man könnte nun sagen: Viel Lärm um wenig. Man könnte aber auch sagen: Erfolg auf ganzer Linie.

Nun Gut, ich hatte mich entschlossen, es nicht so einfach hinzunehmen, dass Rechte am 1.Mai durch Berlin marschieren und hatte vor, dagagen aufzustehen. Folglich stöberte ich im Internet und fand heraus, dass der Treffpunkt um 9 Uhr am Alex war… Puuh 9 Uhr – am Samstag … Naja frühes aufstehen sichert die besten Plätze. Ergo quälte ich mich aus dem Bett, holte die Lederjacke und die Stahlkappenschuhe aus dem Schrank, prüfte den Saft auf meinem Iphone und machte mich auf den Weg zum Alexanderplatz.

An der Weltzeituhr fand ich dann auch ein versprengtes Häufchen möglicher Demonstranten, ein paar Punks, ein paar von „die Linke“ einige normale, vielleicht 70 Personen – eher weniger. Ein elendig trauriger Haufen und ich hatte schon die Meinung, dass das alles nix würde. Ich hatte ein schlechtes Gefühl. Trotzdem ging es los in die verzweigten unterirdischen Ubahnlabyrinthe in Richtung U2-Bahnsteig. Aus allen Eingängen kamen unten ein paar Leute hinzu und es wurden deutlich mehr – ein besseres Gefühl. Dann kamen wir zum U2 Bahnsteig und wir kamen kaum rauf, so voll war er. Das Gefühl wurde ein gutes.

Hier traf ich dann auch Clara und Sebastian, mit denen ich den Tag verbrachte.

Clara wunderte sich über meinen Meinungsumschwung, den ich nicht als einen solchen ansehe.

Ich bin immer noch der Meinung, dass eine angemeldete und friedlich bleibende Demonstration von der Polizei geschütz werden soll und nicht wegen einiger Gegendemonstrationen abgesagt werden soll – sodenn sie genehmigt wurde.

Ich bin aber auch absolut der Meinung, dass eine Genehmigung einer solchen Demonstration an einem symbolträchtigen Datum wie dem 1.Mai nicht passieren darf. Generell bin ich aber der Meinung, dass das Demonstrationsrecht auch für Idioten gilt. Es muss aber auch möglich sein. Laut und Deutlich und vor allem sichtbar, dagegen demonstrieren zu können.

Darum stand ich nun an der U2 und wartete auf die nächste Ubahn, weil die erste restlos überfüllt war und die zweite ebenso voll würde. Man drückte uns einen Zettel in die Hand, an dem unsere Gruppe eingetragen war. Barrikade 1, Barrikade 2, Hauptkundgebung .. und so weiter. Wir waren Barrikade 1. Na super: Kanonenfutter. Was solls. Da haben sich aber einige Leute allerhand Gedanken gemacht. Durch verschlungene Pfade ging es in Richtung einer Schrebergartensiedlung, vor deren Eingang zwar eine Besatzung eines Mannschaftswagens stand, jedoch 6 Beamte einigen hundert Personen wenig entgegenzusetzen hatten, einige Personen suchten derweil sicherheitshalber den Weg durch  einen Schrebergarten, wobei ein Zaun nun neu erstellt werden muss. Wäre der Besitzer da gewesen, ich hätte ihm 5 € dagelassen. Er war nicht da.

Dummerweise waren wir hinten, verpassten also den Sturmlauf durch die erste Polizeiabsperrung. Als wir kamen hatten die sich bereits einigermaßen wieder geordnet und wollten uns nicht durchlassen. Dabei zeigte sich aber ganz Deutlich, dass Clara dort Vorteile hatte. Groß in Rock und Pumps, mit Puppenhaften Gesicht, aber doch irgendwie nicht ganz Frau fasste sie den Mut und ging einfach los. Verdutzte Polizeibeamte wussten nicht so recht mit ihr umzugehen und liessen sie passieren. Merke: Als Transe / Drag /Whatever hast Du auch auf Demos Vorteile. Gut zu wissen.

Ich musste mit anderen einen anderen Eingang zur Strasse nehmen. Den gab es und dort waren dann wieder nur ein paar beamte, die deutlich mehr Demonstranten passieren liessen mussten. Ich sah mich auf der Strasse sitzen und schaute in eine Masse an Polizisten und einen Wasserwerfer. Es kam wie es kommen musste – und das nicht unbedingt unerwartet, ich wurde dann irgendwann geräumt und stadt dann wieder ausserhalb der Absperrung, dafür aber wieder mit Clara und Sebastian zusammen.

Okay diverse weitere Wege führten uns dann schlussendlich zur Ecke Wysbier, Bornholmer, Schönhauser Strasse und hier waren mal richtig viele Leute. Die Veranstalter sprachen von 1.500. Kurz überschlagen kam ich auf deutlich mehr. Und es waren Leute aus allen Schichten aus allen Lagern. Punks und Rentner, Linke, Mütter mit Kindern, Politiker, Unpolitische Personen, Antifa, Schwule und Lesben, Ausländer Deutsche. Ja, sogar ein Hansa Rostock Fan, den ich kennenlernte und ein Bild-Mitarbeiter, den ich kenne. Ein echter Querschnitt und wie gesagt. Wirklich viele. Und so viele können wirklich laut sein, wenn sie müssen.


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Gegen 14:30 setzte sich dann der Zug der Rechten in Marsch. Und es ist erstaunlich, was die heutigen Medien leisten. Es gab zwar einen Lautsprecherwagen, aber das medium des Tages war das Internet. Twitter links, Twitter rechts, Indymedia, altermedia, Taz und bild ticker. Was passiert, wie sieht es aus, was passiert anderswo und wenn man einfach einmal den Idealismusfaktor von allen Mengenzahlen anzieht oder zurechnet kommt man auf eine ganz gute Lageeinschätzung. Googlemaps weist den Weg zum nächsten Punkt und Taz, Indymedia etc zeigen, was da auf einen zukommt.Es sollten also etwa 500 Rechte marschieren, und alleine an diesem Blockadepunkt war locker die 4-fache Menge. Insgesamt etwa 10.000 gegen 500 oder eben 1 zu 20.


Mehr als nur ein Maskottchen. Ströbele

Erstaunlicherweise fand ich an diesem Punkt die Blockade nicht besonder stark. Okay, 2 Wasserwerfer und eine ganze Menge Polizei in Rüstung Pfefferspray und Schlagstockbewaffnet, Hunde etc, aber im Falle des Falles… schien mir das nicht auf Teufel komm raus gehalten werden sollen, wenn sich die Masse wirklich in Bewegung gesetzt hätte.

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Von weitem Sah man den Zug langsam näherkommen, bzw. man sah die Polizeikarawane näherkommen, ein Lautsprecherwagen, viele Mannschaftswagen, ein Räumpanzer, drei Wasserwerfer etc. Dazu die zwei die eh da schon standen. Ne Menge Wasser schaute auf uns. Ganz in der Ferne sah man ein paar schwarz weiss rote Fahnen, die Rechten hielten eine Zwischenkundgebung ab. Sagte ich vorhin, dass solch eine Masse Menschen ganz schön laut sein kann war es nun interessant, wie leise solch eine Menge sein kann. Okay, das mit der Stecknadel stimmt nicht ganz, aber es beschreibt es doch ziemlich gut. Gespannte Ruhe oder die Ruhe vor dem Sturm…

Der Sturm kam nicht. Gegen 17 Uhr passierte seltsames. Die drei Wasserwerfer und der Räumpanzer drehten um und die Fahnen entfernten sich. Die Polizisten wurden lockerer, die Gegendemonstranten blieben noch etwas, die Hunde bekamen Maulkörbe angelegt und die Polizei gab auch die Dächer wieder frei, die sie besetzt hatte. Der Spuk war vorbei.

Statt über 6 Kilometer durch Berlin kam die Demo in der Tat nur bescheidene 600 Meter durch Berlin. Für diese 600 Meter haben sie reine Marschzeit 2 1/2 Stunden gebraucht.Ein Olympiasieg ist damit nicht drin. Auch wenn es mich 10 Stunden und schmerzende Füße gekostet hat, so war es ein Erfolg.

Ach übrigens, so war berlin nicht nur Nazifrei sondern auch Autofrei, wie man hier sehen kann. (Bildquelle: http://twitpic.com/1jxym7) Die Polizei hat gut abgesperrt


hier stand mal ein Bild

Ach übrigens, was die Polizei angeht. Natürlich gibt es rechte dort, aber das Gross der eingesetzten Beamten sind einfach arme Hunde, dass sie dort stehen müssen. Selbstverständlich müssen sie auch ab und an eine Sitzblockade räumen, aber ich denke nur der geringte Teil hat Spaß daran, Rechte zu beschützen. Da tut es ganz gut, auch mal  in die Nachrichten der Rechten zu schauen.

Nach einiger Zeit ging es dann endlich weiter, um gleich wieder, diesmal nach längerer Zeit, zu stoppen. Dies sollte dann auch das vorzeitige Ende des Zuges bedeuten. Wir standen ungefähr 30 Minuten, bis man uns seitens der Polizei erklärte, man könne die Blockade angeblich nicht räumen. Wozu bringt die Polizei dann überhaupt zwei Wasserwerfer ins Rollen, wenn sie diese sowieso nicht einsetzen wollten ?

Soll heissen: Die Blockade sollte nicht aufeglöst werden, und weil sie da war, kamen die Rechten nicht weiter.

Ein Erfolg. keine Frage.

….achja, noch ein Wort zur Polizei. sie hat Links und rechts effektiv auseinandergehalten, die hat bei den Blockadeauflösungen „relativ“ besonnen reagiert und sich auch bei üblen Beschimpfungen kaum aus der Ruhe bringen lassen. Sie hat die Rechten auf dem Kudamm festgesetzt und das Ende der Demo mit Pfefferspray beruhigt. Die große Blockade wurde nicht geräumt und Wasserwerfer kamen – glaube ich – nicht zum Einsatz. Generell war ich gewillt von einer sehr guten Arbeit der beamten in Grün zu reden – bis ich folgendes sah:

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Ganz klar, ich weiss nicht, was davor war, aber das geht garnicht. Und genau dieses Bild bleibt im Gedächtnis.